Schon seit längerer Zeit hatte ich die Vermutung, die sich letztens bestätigt hat. Ich habe keine ärztliche oder psychologische Diagnose, aber aufgrund meines Verhaltens bin ich mir dessen sehr sicher. Ich bin süchtig nach Zucker! Ich will das hier ein wenig aufarbeiten, vielleicht kannst du daraus irgendwelche hilfreichen Schlüsse für dich ziehen. Das soll aber keineswegs diagnostizierte Süchte kleinmachen.
Als Kind waren Süßigkeiten und Softgetränke nur sehr selten für mich zugänglich. Ich spreche davon, weil das meine Hauptprobleme sind. Meine Eltern haben Softgetränke immer nur zu Geburtstagsfeiern gekauft und abgesehen davon gab es Softdrinks nur, wenn wir auswärts unterwegs waren. Bei Süßigkeiten war es ähnlich. Meine Eltern haben super selten Süßigkeiten gekauft und dadurch hatte ich selten Zugang dazu. Selbst als ich selbst in der Lage dazu war einkaufen zu gehen, hatte ich das nie gekauft. Die erste Veränderung hat stattgefunden, als ich für Studium ausgezogen bin. Da habe ich mir durchaus öfter einfach so Softdrinks oder Süßigkeiten gekauft. Wobei während dem Studium mein Alkoholkonsum eher das Problem war… Diese Phase war auch glücklicherweise immer nur sehr kurz. Da ich dual studiert hatte, war ich nur während der Theoriephase in einer eigenen WG, während der Praxisphase habe ich bei meinen Eltern gewohnt. Da hatte ich dann die ganzen süßen Probleme nicht. Durch Corona wurde dann die Zeit zuhause festgemacht und mein Zuckerkonsum hat sich wieder stark gebessert. Einen Anstieg gab es erst wieder als ich ausgezogen bin, diesmal in meine erste eigene Wohnung. Jetzt war ich ja komplett „frei“ und konnte tun und lassen was ich wollte. Davor konnte ich das auch, meine Eltern haben mich nie eingeschränkt, aber es ist doch nochmal was anderes wenn man ausgezogen ist. Ich habe dann natürlich auch einkauft wie ich das wollte. Da kam es schon öfter mal vor, dass ich mir Süßigkeiten und Softdrinks eingepackt habe. Ich hatte das dann auch öfter zuhause und hatte immer Zugriff drauf. Ganz schlimm wurde das dann aber erst durch einen Arbeitgeberwechsel. Ich bin zu einem Arbeitgeber, bei dem es kostenlose Getränke gab, unter anderem Cola, Fanta und Spezi. Da hat es richtig angefangen problematisch zu werden. Dadurch, dass ich immer Zugang dazu hatte, konnte ich im Büro die ganze Zeit das Zeug trinken. Ich habe dann zeitweise pro Bürotag 1 Liter davon getrunken. Und als wäre das nicht genug, habe ich mir oft dann noch was mit nach Hause genommen, damit ich an den Tagen, an denen ich nicht im Büro war, trotzdem was habe. Da habe ich dann auch schon gemerkt, dass mein Konsum nicht so gesund sein kann. Es hat mich zu dem Zeitpunkt aber schlicht und einfach nicht gestört. Weil sind wir mal ehrlich, viele Leute trinken viel Softdrinks oder essen viel Süßes und die haben keine offensichtlichen Probleme. Wie soll ich dann darauf aufmerksam werden. Das ganze ging so ca. 2 Jahre, dann habe ich gesagt ich muss mich mal mit meinen Schlafproblemen auseinandersetzen. Ich hatte kein Problem damit einzuschlafen oder durchzuschlafen, sondern ich hatte ein Problem mit Müdigkeit. Ich war dauerhaft müde. Also nicht so, ah heute bin ich mal müde, sondern wirklich dauerhaft. Auch durch einen Bluttest kam dann raus, dass ich einen zu stark erhöhten Zuckerkonsum habe. Ich sollte meinen Zuckerkonsum reduzieren, damit ich allgemein gesünder bin und dann evtl. auch besser schlafe und erholter bin. Also habe ich den Schritt gemacht und komplett auf Zucker verzichtet. Ich dachte das wird ganz easy. Und ach du kacke lag ich damit falsch. Ich habe vor 3 Wochen angefangen auf Zucker zu verzichten und ich hatte eine Phase, da hab ichs gar nicht mehr ausgehalten und ich hab wieder was Süßes gegessen und getrunken. Dann habe ich wieder aufgehört und dann hatte ich nochmal einen Tag, an dem es mich überkommen hat. Ich hatte aus 3 Wochen also 5 Tage an denen ich wieder Süßes zu mir genommen habe. Soviel dazu… Zusätzlich dazu kommt, dass immer wenn ich einkaufen bin, irgendwo zu Besuch, im Restaurant oder in einer Bar bin, der Zugang so einfach ist, dass es eine so krasse Überwindung ist, nichts Süßes zu bestellen, dass es fast unausstehlich ist. Ich bekomme fast jeden Tag den Gedanken, ah so was Kleines schadet doch nicht. Das kann ich doch essen. Ich hätte nie gedacht, dass es so extrem ist. Persönlich finde ich das schockierend. Ich glaube ich kann aktuell zu einem gewissen Grad nachvollziehen wie sich Suchtkranke fühlen müssen. Ich glaube deswegen ist auch gerade genau der richtige Zeitpunkt, dass ich mich darum kümmere. Ich muss weitermachen. Die kleinen Rückschläge, die ich hatte sind zwar blöd, aber das ist kein Grund aufzuhören. Immer weiter machen. Langfristig wird mein Körper mir das Danken.
Ich hoffe du konntest daraus was mitnehmen. Mir hat es schon allein geholfen das runter zu schreiben, ich bin wieder mehr motiviert was das ganze angeht. Ich drücke auf jeden Fall jedem die Daumen, der irgendwelche Suchprobleme hat, dass du die in Griff bekommst!